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Minuten bei Gott – mehr Geist


9. Juni 2020

Von Stephan Bickhardt

 

Gott,
du willst das Leben,
du willst, dass wir leben.
Dankbarkeit umfasst
für die christliche Gemeinschaft,
für die hohen Gewölbe der Kirchen,
für deinen Geist mit Christus.
Glücklich sind, die mit dir sind.
Froh sind, die Freunde haben.
Selig sind, die vertrauen.
Die Bitte ist, sei bei denen,
die in Verzweiflung geraten,
die in der Krise sind,
die um Opfer trauern.
Und nimm alle hinein
in deine große Freude,
das Lied zu singen von Geist
und Schöpferkraft.
Du bist auch im letzten Moment
da.
Amen.

 

Mehr Geist

Die meisten nannten ihn Jojo, seine Eltern hatten ihm den Vornamen Matthias gegeben. Wenn Jojo am Dienstagabend durch den Mittelgang des Kirchenschiffs ging, dann sahen alle schon mal seine langen roten Haare. Jojo lachte aus seinem markanten Gesicht, mach es nicht kompliziert, war seine Botschaft. Und seine Botschaft machte ihn selber frei, mit andren zu fühlen. Jojo wurde für viele zum Idol. Und dann rief er um das Pfingstfest herum aus: wir brauchen mehr Geist. Die Idee war schnell gefunden und sie kam von ihm. Lasst uns in der Dresdner Heide einen Altar bauen. Wo bitte? War das ein Vorwand für eine Wanderung, die zusammenführen sollte? Ja, selbst die Bewegungsmuffel kamen mit und so gingen Jugendliche in die Heide einen Altar bauen. Auf einer Lichtung war es dann soweit. Mehr Geist – rief Jojo wieder aus und alle machten sich ans Werk. Holz sammeln, Gräser suchen, Moos und Blumen – und aufbauen, alles. Stämme waren sogar gefunden. Mehr Geist – und ein Symbol war geschaffen mitten im Wald. Große Junge Gemeinde eben.

Der Prophet Elia hört Gottes Stimme und geht zum Bach Krit, der zum Jordan fließt. Von Bäumen und Pflanzen nichts zu sehen. Der Bach trocknet aus. Elia verlangt bei einer Witwe Wasser, sie hat aber nur noch einen Rest Mehl und Öl. Elia vernimmt den Spruch Gottes und verspricht mehr Mehl und Öl und sogar Regen. Dann heißt es in 1. Könige 17,16: DAS MEHL IM KRUG GING NICHT AUS, UND DER ÖLKRUG WURDE NICHT LEER, NACH DEM WORT DES HERRN, DASS ER DURCH ELIA GEREDET HATTE. Wenig später wirft sich Elia auf den Sohn der Witwe, der krank ist und droht zu sterben. Er fleht Gott an um der Gastfreundschaft der Witwe willen, hilf, dass er lebt, mehr nicht. Liebe Freunde und Freundinnen der Evangelischen Akademie Meißen, ist es nicht so, dass wir manches Mal nur ein Weniges mehr brauchen und schon ist alles anders, besser? Ist es nicht gelegen am Gottvertrauen, dass uns zum Mehr führt?

Mehr Geist – oder wie es als Motto im Konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung heißt – mehr Gerechtigkeit, besser vielleicht: mehr Geist und Gerechtigkeit. Soll das ein Motto sein in dieser Zeit? Ja, es gibt ein Mehr, solches können wir schon eine Erfahrung aus der Corona-Krise nennen, ein Mehr, welches nicht im Schneller-Hörer-Weiter besteht, sondern in Qualität. Dieses Mehr ist Geist, Geist des Miteinanders, für Isolierte und Leidende. Grundlegend neue private Netzwerke in ihrer Art entstehen, so beschreiben es Saskia Sassen und Richard Sennett, das einflussreiche Londoner Soziologenehepaar. Und Jojo? Ich traf ihn vor einigen Jahren wieder, Requisiteur für die Tatortserie war er. Er wollte mich besuchen. Ich gab ihm meine Visitenkarte und sah in diesem Moment, dass er nicht kommen würde. Als hätte er gesagt, mehr Geist, darauf allein kommt es an. Jojo hat sich das Leben genommen. Sein Rufen bleibt.

Foto: Jed Villejo auf Unsplash

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